„Digitale Transformation muss auch nachhaltig sein“
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Umbruch. Die digitale Transformation ist ein langfristiger Veränderungsprozess, bei dem es nicht nur um die Digitalisierung einzelner Prozesse, sondern um die nachhaltige Veränderung von Geschäftsmodellen geht. Über diese Herausforderung referierte Hanna Hennig, seit 2020 Chief Information Officer der Siemens AG, auf Einladung des Industrie- und Handelsclubs IHC OWL. Moderiert wurde die Online-Veranstaltung mit der aus den USA zugeschalteten Managerin von IHC-Präsidiumsmitglied Michael Böllhoff.
„Die Wirtschaft in Deutschland ist digitaler geworden“, stellte die Expertin zunächst erfreut fest. Im Digitalisierungsindex DESI steigere sich Deutschland jedes Jahr, dennoch stehe es nur auf Platz 11 der EU-Länder „Damit können wir nicht zufrieden sein“, so Hennig, die die IT von weltweit gut 293.000 Siemens-Mitarbeitenden verantwortet. Ohne Digitalisierung seien die Herausforderungen von aktuellen Megatrends wie Klimawandel, Globalisierung, demografischer Wandel und Urbanisierung nicht zu bewältigen.
Siemens arbeite laut Hennig daran, entsprechende Lösungen für Unternehmen zu entwickeln. Die Vorteile fasste die Managerin anhand von Zahlen zusammen: So ließen sich in der Fertigungsindustrie 60 Prozent aller Aufgaben automatisieren. Dadurch könnten sowohl die Produktivität, die Produktqualität als auch die Sicherheit in Unternehmen erhöht werden. Darüber hinaus könnten Unternehmen durch digitale Zwillinge von Maschinen Fertigungsabläufe simulieren und Anlagen für neue Produkte konfigurieren und so Zeit sparen und Ressourcen schonen.
Im Bereich Mobilität setze Siemens zurzeit die Digitalisierung des gesamten norwegischen Schienennetzes um. Durch smarte Lösungen, wie die effizientere Organisation der Wartung, könne die Transportkapazität um 20 Prozent gesteigert werden, ohne „eine einzige Schiene neu zu verlegen“, so Hennig.
„Deutschland ist ein ressourcenarmes Land, doch wir verfügen über großes Ingenieursknowhow. Das gilt es jetzt im Rahmen der Digitalisierung auszunutzen“, mahnte die Expertin. Unternehmen wie Netflix hätten vorgemacht, wie physische Geschäftsmodelle, wie der Videoverleih, komplett digitalisiert werden können, so Hanna Hennig. Ein weiterer großer Bereich sei die Vernetzung der digitalen und realen Welt im „Internet of Things“.
Auch einige Tipps gab die Expertin den IHC-Mitgliedern mit auf den Weg: So sei es unabdingbar, bei der Umgestaltung Wert auf Nachhaltigkeit zu legen. Neben dem Umweltaspekt sei dies heute gerade für junge Mitarbeitende ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers. Ein weiterer Tipp betraf Netzwerke. Durch Austausch von Wissen könnten Synergien und der Zugang zu neuen Märkten geschaffen werden. Außerdem empfahl Hennig, Teams in Unternehmen möglichst divers aufzustellen. Dort, wo junge risikoaverse Mitarbeitende mit älteren, planungserfahrenen Kollegen gemeinsam Projekte entwickelten, seien die Ergebnisse hervorragend.
Nicht weniger als die „Neuerfindung der deutschen Industrie“ und den „Willen zur Veränderung“ forderte die Siemens-Managerin abschließend: „Wir müssen Treiber der Digitalisierung werden, Kundenprobleme lösen und digitale und reale Welt verbinden – und das nachhaltig, im Netzwerk und vor dem Hintergrund einer pragmatischen Wirtschaftspolitik“. Bei allen Fortschritten, die Deutschland in puncto Digitalisierung gemacht habe, dürfe es sich nicht auf seinen Erfolgen ausruhen, erklärte Hennig: „Wir haben einiges zu tun“.