Dr. Jörg Dräger berichtete von Künstliche Intelligenz und Algorithmen: (v. l. n. r.) IHC Präsidiumsmitglied Hans Beckhoff, IHC Geschäftsführerin Cornelia Moss, Referent Dr. Jörg Dräger und IHC Vizepräsident Christoph Mohn.
Künstliche Intelligenz und Algorithmen beeinflussen im Verborgenen längst unser tägliches Leben. Sie bestimmen, was wir in den sozialen Medien angezeigt bekommen, Unternehmen prüfen mit ihrer Hilfe Bewerber, Banken, ob jemand kreditwürdig ist oder nicht. Mehr Transparenz und Rahmenbedingungen für einen sinnvollen Einsatz forderte darum Dr. Jörg Dräger, Mitglied des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, als Gastredner des Industrie- und Handelsclubs OWL in Bielefeld.
Doch welche Folgen hat es, wenn Maschinen über Menschen urteilen? Laut Umfragen wissen gerade einmal 10 Prozent der Deutschen was ein Algorithmus ist, nämlich eine bestimmte Abfolge von Handlungen, die nötig sind, ein Problem zu lösen. Diese Einzelschritte dienen als Grundlage für die Programmierung von Computerprogrammen, die zum Beispiel Bewerber für eine Stelle auswählen. Dieses „Coding“ sei hoch politisch, so Dr. Dräger. Denn je nachdem welche Kriterien der Programmierer in das Programm einspeist, entscheidet dieses über Zu- oder Absage. Das kann einerseits für weniger Diskriminierung sorgen, wenn das Programm keinen Unterschied bei Alter oder Hautfarbe der Bewerber macht und deren tatsächliche Kompetenzen ermittelt. Andererseits können dieselben Programme aber auch gezielt Menschen ausschließen, wenn sie, wie in einem Beispiel aus den USA, Personen mit psychischen Erkrankungen im Bewerbungsprozess aussortieren. „Wir als Bürger müssen darum mitdiskutieren“, so Dr. Dräger, „der Mensch muss immer Mittelpunkt bleiben“. Grundlage dafür sei die umfassende Aufklärung der Gesellschaft, Transparenz und Kontrolle durch Rahmenbedingungen für die Nutzung Künstlicher Intelligenz.
Neun Effekte, wie Algorithmen unseren Alltag beeinflussen können, zählte Dr. Dräger auf und veranschaulichte diese mit Beispielen:
Personalisierung, wie zum Beispiel durch individuell angepasste Lernsoftware für Schüler.
Zugang, wie durch Programme, die über die Bonität und somit Gewährung von Kleinkrediten für Gründer in Schwellenländern entscheiden.
Befähigung, wie ein Schutzhelm, der seinen Träger bei Müdigkeitsanzeichen „weckt“. Freiraum, wie Röntgenbilder, die ein Computer auswertet, damit der Arzt mehr Zeit für seine Patienten hat.
Kontrolle, wie computergestützte Sprachprüfungen, um das Herkunftsland von Asylbewerbern zu ermitteln.
Verteilung, wie die Online-Vergabe von Schul- und Studienplätzen.
Prävention, wie Algorithmen, die die Einbruchswahrscheinlichkeit in Stadtteilen voraussagen Gerechtigkeit, wie die Steuerung von Bewerbungsprozessen.
Verbindung, wie Partnervermittlung via Datingplattformen.
„Algorithmen sind weder gut noch schlecht“, lautete schließlich Drägers Fazit, „es liegt an uns, wie wir sie nutzen und sinnvoll einsetzen“. Eine gesellschaftliche Debatte darüber sei deshalb wichtig und wünschenswert.
Im Anschluss an den Vortrag, der in der Founders Foundation in Bielefeld stattfand, nutzen zahlreiche IHC-Mitglieder die Gelegenheit, sich von CEO und Hausherr Sebastian Borek durch die Startup-Schmiede führen zu lassen.
Text: Annette Meyer zu Bargholz / Fotos: Susanne Freitag