Reinhard Zinkann begrüßt Adidas-Chef Kasper Rorsted beim IHC
Bielefeld (WB). Eigentlich trennen sie nur zwei Jahre: Reinhard Zinkann (59) und Adidas-Vorstandschef Kasper Rorsted (57). Äußerlich aber könnte der Unterschied zwischen zwei Geschäftsleuten an diesem Abend kaum größer sein.
Für den geschäftsführenden Miele-Gesellschafter Zinkann ist es in der Zentrale der Bielefelder Sparkasse die letzte Vortragsveranstaltung, die er als Präsident des Industrie- und Handelsclubs OWL eröffnet.
Am Dienstag wird sein Nachfolger gewählt. Wie immer bei solchen Anlässen tritt Zinkann im dunklen Anzug auf, mit Weste und natürlich Krawatte. Ganz anders der Referent: Rorsted trägt Bluejeans, ein blaues Hemd und einen dunkelblauen Pullover.
Mit dem Rad zu Adidas
Rorsted fällt nicht nur in Sachen Dresscode durch manche Raster. Im bayerischen Herzogenaurach fährt der gebürtige Däne auch als Vorstandschef nach eigener Aussage täglich mit dem Fahrrad an den Arbeitsplatz.
Trotzdem weiß er, was vom Chef eines Dax-Konzerns erwartet wird: mehr Umsatz, mehr Gewinn. Seit 2017 führt Rorsted von Henkel kommend den nach Nike weltweit mit Abstand zweitgrößten Sportartikelhersteller. Die Zahlen können sich sehen lassen: 2018 kletterte der Konzernumsatz um 16 Prozent auf 21,92 Milliarden Euro.
Dabei erwirtschafteten die 57.000 Adidas-Mitarbeiter 1,7 Milliarden Gewinn. Operativ erhöhte sich die Umsatzrendite von 8,6 auf 9,8 Prozent.
Fünf Millionen Schuhpaare
Dazwischen nimmt sich Rorsted bei dem Vortrag Zeit für Themen, die in der Vergangenheit gern als »soft« abgetan wurden. Etwa wenn er von den jungen Frauen spricht, die in vielen Ländern mit 15 Jahren aus dem Sport aussteigen, und dass Adidas etwas dagegen tun will.
Oder von einem betagten früheren Tennis-Ass, der in New York in einer Bar arbeiten muss, um über die Runden zu kommen, und dem Adidas nun mit einem Vertrag auf Lebenszeit hilft. Dann zeigt er ein Foto mit Massen von Kunststoffabfällen im Meer. Gleich danach folgt ein Bild von Parley, dem neuen Adidas-Sportschuh, der aus recyceltem Kunststoff hergestellt wird.
Fünf Millionen Paare verkauften die Herzogenauracher 2018. In diesem Jahr sollen es laut Rorsted elf Millionen werden. »Übrigens«, fügt er hinzu, »sind wir so konsequent, das wir jetzt auch selbst alle Plastikflaschen aus unserer Konzernzentrale verbannt haben.«
Weniger Krawatte
Dann wird es auch noch technisch. Adidas hat einen Schuhsohle entwickelt, die vollständig in 3-D-Druck hergestellt wird. Vorteil: So kann sie den Bedingungen ganz unterschiedlicher Füße frei angepasst werden.
Smarter Redner – smartes Publikum? Beim Blick ins Zuhörerrund der Zentrale der Bielefelder Sparkasse fällt auf: Zinkann, der von sich sagt, »jetzt ändere ich meinen Kleiderstil auch nicht mehr«, ist beim Thema Dresscode beim IHC und in OWL noch nicht »out«.
Allerdings wächst die Zahl der Unternehmer und Manager, die wie der Bielefelder Hemdenhersteller Frank Seidensticker und auch Zinkanns designierter Nachfolger als IHC-Präsident, Eduard Dörrenberg, wenigstens auf die Krawatte verzichten.