Kurt Ehmke
Bielefeld. Das bunte Kinderzentrum des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB) wächst – allen Widrigkeiten zum Trotz. Glücklicherweise seien fast alle Verträge vor der Pandemie und vor dem Ukraine-Krieg abgeschlossen worden, so EvKB-Architekt Jürgen Käller. Folge: Wie so vieles in dieser Zeit wird es teurer und auch später fertig, aber so, dass es Bethel nicht schreckt. Aus 80 Millionen, so Rainer Norden als Chef des Aufsichtsrates, würden jetzt 100 Millionen, darin enthalten seien aber auch 10 Millionen für das Außengelände, die vorher in anderen Töpfen verbucht worden seien.
Und die Eröffnung? War bisher von April 2023 die Rede, heißt es nun „zweites bis drittes Quartal“ – also etwa vier bis fünf Monate später.
Da die auf vorhandene Gebäude verteilte Klinik aber rund laufe, gebe es überhaupt keinen Druck, betont Geschäftsführer Matthias Ernst. „Wir sind froh, dass wir so weit sind wie heute.“ All das wurde während eines Vortrages mit Baustellenführung bekannt, zu dem der Industrie- und Handelsclub (IHC) seine Mitglieder ins EvKB eingeladen hatte. Laura von Schubert: „Als Mutter von vier Kindern habe ich im alten Kinderzentrum so manche Stunde verbracht, wenn ich jetzt den Neubau sehe, ahne ich, dass viele sehr zu schätzen wissen, was Bethel hier auf die Beine stellt.“
Die Zahlen dazu: Der 10.000-Quadratmeter-Neubau auf den 20.000 Quadratmeter großen Flächen des Altbaus beherbergt 146 Betten, mit zugestellten Betten können es maximal 186 werden. Es gibt ausschließlich Einzel- und Doppelzimmer (ein Drittel zu zwei Drittel). Jedes mindestens 26 Quadratmeter groß – und damit weitaus größer als vorgeschrieben (15 Quadratmeter). Und immer mit eigenem Bad. Käller: „Doppelnass gibt es nicht mehr.“ Also: Ein Bad für zwei Zimmer ist Vergangenheit.
Jedes Zimmer hat übrigens eine Art kleine Sitzkoje, mit kleiner Bank, Stuhl und Tisch, halb in die Wand eingelassen. Ein kleiner Schutzraum. Und für jedes Bett gibt es ein Eltern-Schrankbett – das „Rooming-in“ ist Standard.
50.000 Kinder und Jugendliche sollen jedes Jahr behandelt werden – stationär, teilstationär, in der Kindernotfall- und der Spezialambulanz. Die Kinder- und Jugendmedizin gehört mit zur neuen Uni-Klinik OWL – „das heißt, dass es die gesamte Palette der Medizin hier gibt, für Kinder und Jugendliche“, betont Norden. Ein Leuchtturmprojekt, das wird Bethel nicht müde, zu betonen. Und weil die Krankenhausfinanzierung des Landes zum 100-Millionen-Euro-Projekt etwa 8 Millionen beisteuere, sei ein Träger wie Bethel auf Spenden angewiesen. Durchaus stolz sagt Norden: „Wir haben bereits 50 Millionen Euro an Spenden erhalten, das ist gigantisch.“ Und augenzwinkernd in Richtung IHC: „Dafür sind Sie doch heute auch hier.“ Bethel-Chef Pastor Ulrich Pohl ergänzt lachend: „Ich reiche schon einmal die Spendenbox herum.“
»Nicht das Beste, was man als Träger für seine Erlöse tun kann«
Allen ist bewusst, dass Bethel hier etwas Besonderes stemmt. Viele IHC-Mitglieder, das betont Norden, seien sowieso schon Spender. „Danke dafür.“ Eine Folge: In einen strittigen Punkt des Neubaus, ein drei Millionen Euro schweres MRT, scheint jetzt Bewegung gekommen zu sein: Es ist die Rede von einer Kooperation zwischen Uni-Klinik und Kinderzentrum. Norden deutet an, dass es ein MRT geben werde. Chefarzt Hamelmann, der das MRT immer forderte, ist nicht nur deshalb voll des Lobes über seinen Arbeitgeber: „Der Träger nimmt die Kindermedizin sehr ernst, obwohl die Kindermedizin nicht das Beste ist, was man für seine Erlöse tun kann.“ Sehr komplex, hoher Personalaufwand (400 Mitarbeiter auf 275 Stellen).
Ihn freut, dass auch ein Medizinisches Zentrum für Kinder und Jugendliche mit Behinderung aufgebaut werden soll, als „universitäres Kompetenzzentrum“ – ab 2023/24. „Googeln Sie das mal, das finden Sie so in Deutschland nicht.“ Wo, wenn nicht in Bethel, sollte ein solches Zentrum entstehen. Ein Leuchtturm eben. Zu dieser maritimen Assoziation passt auch, dass die Klinik selbst maritim daherkommen soll – ein in Workshops klar definierter Kinderwunsch. Bullaugen, ein LED-Aquarium mit Fischen, die zwar nicht leben, aber angefasst werden können sowie kleine Strandhäuschen und viel Blau sollen das Innere der Klinik prägen.
Da wird sich das Maskottchen Sammy, ein Tiger, wohl schon einmal gefragt haben, ob er nicht besser als Wal auf die Welt hätte kommen sollen. Immerhin: Er bekommt jetzt noch ein weibliches Pendant; für die Geschlechtergerechtigkeit. „Mit langen Wimpern und so“, sagt Hamelmann.
Er freut sich jetzt auf den Start nach den Sommerferien, hofft, dass der laut Käller „schon sechs, sieben Mal geänderte Bauzeitenplan“ nicht noch weitere Male geändert werden muss.
Auch auf einem ganz anderen Feld muss gehofft werden: dem der Energieversorgung. Geplant weit vor dem Ukraine-Krieg ist das Kinderzentrum in Sachen Heizung auf Gas eingestellt. Käller: „Wenn das einer abstellt, haben wir ein Problem.“