Bielefeld. Es sollte ein unbeschwerter Start in die neue Veranstaltungssaison werden, nach zwei langen Corona-Jahren wollten die Mitglieder des Industrie- und Handelsclubs (IHC OWL) sich endlich einmal wieder persönlich begegnen und austauschen. Tatsächlich kamen fast 200 Gäste in die Bielefelder Oetkerhalle, viele ließen zuversichtlich die Maske fallen. Völlig unpolitisch geriet das Treffen angesichts des Krieges in der Ukraine allerdings nicht, schon die Begrüßung nutzte IHC-Präsident Eduard R. Dörrenberg für ein klares Statement: „Der Krieg hat auch mich sprach- und fassungslos gemacht – ich hätte nicht gedacht, so einen anachronistischen Krieg in Europa noch einmal zu erleben“, so der 53-jährige geschäftsführende Gesellschafter der Dr. Wolff-Gruppe (Alpecin, Linola).
Es gelte inzwischen, sich an aufeinanderfolgende Krisen zu gewöhnen und großen Herausforderungen zu begegnen – von der noch keinesfalls beendeten Corona-Pandemie, die jetzt zum völligen Lockdown in Schanghai geführt habe, über den Krieg in Europa bis hin zu den Problemen mit der Inflation, Sorgen um die Energieversorgung, den Kampf gegen den Klimawandel und anhaltende Bemühungen um die Digitalisierung.
Im Mittelpunkt aber sieht Dörrenberg eine Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Autokratie, wie er deutlich machte: „Wir müssen als Demokraten zusammenstehen, um unser System zu verteidigen“, appellierte der Unternehmer an die Festgäste. Um den Kampf zu bestehen, müsse Deutschland stärker werden, „und zwar nicht nur militärisch“. Dafür gelte es etwa, technische Innovationen voranzutreiben. „Und wir müssen uns treffen und reden, und zwar auch mit Menschen, die anders denken – denn das macht Demokratien aus.“ Der Staat müsse bei gravierenden Problemen eingreifen und helfen, aber nicht überall, denn Wettbewerb sei weiterhin notwendig. Erfolge wie der Corona-Impfstoff von Biontech seien ein Resultat dieses Wettbewerbs. „Wir dürfen träumen, aber nicht davon, dass wir immer alle einer Meinung sind“, mahnte Dörrenberg.
Von einem der großen ostwestfälischen Innovationstreiber kam als Redner des Abends Christian Thönes, der Vorstandschef des Werkzeugmaschinenbauers DMG Mori. In einem Parforceritt stellte er die Entwicklung des Unternehmens und seine Ziele vor. Ganz weit oben stehe dabei die nachhaltige Produktion, „denn die Klimakrise ist unser größtes Problem“. Klimaneutralität habe der Konzern nun erreicht. Jetzt gehe die Transformation weiter in Richtung eines Plattformunternehmens nach „Netflix“-Vorbild. Um bei dem Wandel aus einer Raupe nicht nur eine schnelle Raupe zu machen, sondern einen Schmetterling, seien Umdenken und Paradigmenwechsel nötig. DMG Mori strebe in die Cloud, um updatefähig zu werden. Angebote wie „Payzr“ (Pay with zero risks), bei denen DMG Mori den Kunden die Nutzung von Maschinen und Software als Service bietet (bezahlt nach Nutzungsdauer), seien Elemente des Wandels.