Herr Dörrenberg, Sie stellen sich in Kürze zur Wahl als Präsident des Industrie- und Handelsclubs. Waren Sie schonmal Präsident?
Eduard Dörrenberg: Nein. (lacht). Ich glaube nicht. Das ist ja auch eine Zeitfrage. Im Unternehmen bin ich bereits voll gefordert und eine Familie habe ich auch noch. Im Übrigen muss ich ja erstmal gewählt werden.
Immerhin sind ja die geografischen Voraussetzungen inzwischen gegeben. Sie sind zurück in Bielefeld.
Dörrenberg: Eigentlich war ich nie weg, denn ich war auch zu meiner Zeit in Asien, eine Woche pro Monat und in den Ferien hier. Meine Frau sagte damals im Spaß, ich würde im Flugzeug leben. Ich bin seit 21 Jahren fest mit Bielefeld verbunden, unsere Kinder sind hier geboren und wir haben Freunde fürs Leben gefunden.
In den vergangenen Jahren haben Sie von Singapur aus das Dr. Wolff-Geschäft in Asien aufgebaut. Was ist besser: Singapur oder Bielefeld?
Dörrenberg: Das ist eine gemeine Frage. Die andere Wiese ist ja immer grüner. Bielefeld ist eine Stadt mit sehr hoher Lebensqualität und tollen Menschen. Singapur als hochmoderne Weltstadt ist ein Mind-Changer – es gibt wenige Gemeinsamkeiten, daher scheidet ein Vergleich aus.
Sie sind der Inhaber, der sich selbst auf den Weg gemacht hat, neue Märkte zu erschließen. Das hat Ihnen in Asien ein riesiges Renommée verschafft.
Dörrenberg: Das stimmt, der Anfang war allerdings hart. Aber ich mag Herausforderungen. Es hat sich ausgezahlt, vieles beschleunigt und wirklich neue Möglichkeiten eröffnet.
Mit Erfolg, Asien läuft. Aber was ist mit der deutschen Wirtschaft? Da klangen Sie zuletzt eher skeptisch.
Dörrenberg: Die Skepsis ist inzwischen mit Daten untermauert. Es gibt auch in OWL Signale, wie wir sie in den vergangenen zehn Jahren nicht hatten, die nächsten Jahre werden härter.
Müsste in dieser Situation nicht auch die Politik aktiver werden?
Dörrenberg: Am Ende haben wir die Politiker, die wir „verdienen“ und über Politik zu meckern, greift zu kurz. Wir beobachten ein „Versagen“ der gesellschaftlich Verantwortlichen in vielen Bereichen. Das trifft Teile der Politik und Industrie, aber auch anderer Gruppen wie Kirchen und Wissenschaft gleichermaßen. Wir müssen raus aus der Komfortzone, die sich stark verändernde Welt akzeptieren und die Themen Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur wirklich anpacken.
So pessimistisch?
Dörrenberg: Nein, mein Glas ist immer halbvoll, doch es wird schwieriger. Das steht fest.
Wo müssen denn die Eliten zupacken?
Dörrenberg: Wir sollten alle mehr Klartext reden und mehr mitreden. Wir müssen den Redeanteil, unseren Share of Voice, korrigieren und die großen Herausforderungen gemeinsam angehen. Auch deshalb habe ich mich entschieden, als Präsident für den Industrie- und Handelsclub zu kandidieren. Obwohl nicht hier geboren, verdanke ich dieser Region viel und gebe gerne etwas zurück.
Aber die Menschen sind eher zögerlich.
Dörrenberg: Stimmt. Angst vor Veränderung ist menschlich, vor allem wenn es uns gut geht. Angst ist eine Emotion, da helfen keine rationalen Argumente. Veränderungen, die Dinge erleichtern (Pain Points lösen), überzeugen. Nehmen wir das Thema Bargeld. Immer heißt es, die Deutschen hängen am Bargeld. In vielen Ländern kann man heute bargeldlos zahlen, ob per App,QR-Code oder direkt per Handy. Dann geben wir den Menschen doch die Wahl und sehen, wie sie sich entscheiden.
Wie schaffen wir dann eine Aufbruchstimmung?
Dörrenberg: Über Erfolgserlebnisse. Wir brauchen Leuchtturm-Projekte wie die Founders Foundation oder den Pioneers Club. Da wird die Digitalisierung vorangetrieben. Davon gibt es viel zu wenig und es machen noch nicht genug mit. Es ist leider immer so, dass wir Fehler machen, wenn es uns gut geht. Vielleicht geht es uns noch zu gut. Wir brauchen das Engagement jedes Einzelnen.
Zum Beispiel Ihres im Präsidium des IHC. Was wollen Sie anders machen als Ihre Vorgänger?
Dörrenberg: Also zunächst muss es mir mal gelingen, die sehr erfolgreiche Arbeit meiner Vorgänger fortzusetzen. Das antretende und noch zu wählende Präsidium wird jünger, weiblicher und digitaler. Das wäre ein guter Anfang. Dann werden wir versuchen, den Austausch zwischen Wirtschaft, Politik und Hochschulen zu intensivieren und die Jugend stärker einzubinden.
Müsste sich nicht auch der IHC stärker öffentlich positionieren?
Dörrenberg: Das werden wir sehen. Ich bin jedenfalls froh, dass wir zum Beispiel mit Verena Pausder (geborene Delius, die Red.) eine Brücke nach Berlin in die Politik und die Start-up Szene haben. Ich glaube, es gibt gute Möglichkeiten beides mit der sehr erfolgreichen Industrie hier stärker zu verlinken und damit unsere Region interessanter für junge Talente und auch die Politik zu machen.
Weiten wir den Blick mal kurz über die Region und über Berlin hinaus. Was können wir alle für Europa tun?
Dörrenberg: Wir müssen das Bewusstsein schärfen, dass wir als einzelnes Land im globalen Wettbewerb nicht bestehen können. Alleine ist Deutschland nicht mehr als ein Gartenzwerg im Vorgarten, wie das Ex-Kanzler Gerhard Schröder gerade gesagt hat. Ich würde mir wünschen, dass Angela Merkel sich nach ihrer Amtszeit in und für Europa engagiert. Jemand wie sie, mit ihrer Erfahrung und ihrer internationalen Anerkennung, wäre dafür genau richtig. Ein Auseinanderfallen Europas kann nicht die Lösung sein.
Engagieren kann man sich natürlich auch im Sport. Da gehen OWL-Unternehmen verschiedene Wege. Harting macht in Handball, Hörmann ist überall im Wintersport sichtbar. Warum hat sich Dr. Wolff mit Alpecin ausgerechnet für den Radsport entschieden?
Dörrenberg: Der Radsport ist ein globaler Sport, stark wachsend, genau unsere Zielgruppe. Außerdem hat das für uns auch historische Gründe. Wir hatten schon in den 60er Jahren ein Radteam. Radsport ist Teil unserer Unternehmenskultur, ob beim Betriebssport oder beim Thema Jobrad.
Aber der Ruf des Radsports ist nach den vielen Doping-Skandalen nicht ganz einfach.
Dörrenberg: Das ist in der Vergangenheit ganz sicher so gewesen. Andere sind nicht besser. Große Sportarten wie Fußball oder Formel 1 haben auch Schatten-Seiten. Klar ist: Betrug ist scharf zu verurteilen. Das war im Radsport sicher besonders heftig. Heute wird so intensiv kontrolliert wie nirgends und das ist gut so.
Herr Dörrenberg, womit dopen Sie eigentlich?
Dörrenberg (lacht): Mit Alpecin. Ich wasche die Haare mit Alpecin, putze meine Zähne mit Karex, nutze Alcina-Creme fürs Gesicht und Alcina-Gel fürs Haar. Nur der Rasierschaum ist nicht von uns, weil wir keinen im Portfolio haben.
Wechseln wir mal die Sportart. Bei Arminia Bielefeld engagieren Sie sich auch.
Dörrenberg: Wir unterstützen Arminia quasi seit der ersten Stunde und die groß angelegte Sanierung der Arminia ist ein starkes Signal für Stadt und Region. Nur wir wollen eines nicht vergessen: Ohne das Engagement von Gerhard Weber über all die Jahre zuvor, gäbe es Arminia Bielefeld heute so sicher nicht mehr.
Wohin geht die Reise mit Arminia?
Dörrenberg: Sport ist unberechenbar. Selber bin ich dort nicht in der Verantwortung. Ich hoffe natürlich, dass es zunächst gesund weiter in der 2. Liga geht und vielleicht auch mal wieder weiter nach oben.
Also Aufstieg?
Dörrenberg: Langfristig muss das Ziel für Arminia und Bielefeld lauten, vorne dabei zu sein. Wer Mittelmaß als Ziel ausgibt, der spielt meist gegen den Abstieg. Ich bin Sportler, ich will gewinnen, oben mitspielen.
Zur Person
Eduard R. Dörrenberg ist 1968 in Düsseldorf geboren. Er ist Enkel des Firmengründers Dr. Kurt Wolff. Seit April 1998 ist er geschäftsführender Gesellschafter, verantwortlich für Marketing, Vertrieb und Entwicklung. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.