Bevor es zur Sache ging, entledigte sich Peter Altmaier erst einmal seines Sakkos. Seine Rede beim 18. OWL-Unternehmertag in der Bielefelder Stadthalle wurde mehrmals vom Beifall der 1500 Vertreter der regionalen Wirtschaft unterbrochen.
Foto: Oliver Schwabe
OWL-Unternehmertag: Altmaier plant »Charta der Marktwirtschaft«
Bevor es zur Sache ging, entledigte sich Peter Altmaier erst einmal seines Sakkos. Seine Rede beim 18. OWL-Unternehmertag in der Bielefelder Stadthalle wurde mehrmals vom Beifall der 1500 Vertreter der regionalen Wirtschaft unterbrochen. Foto: Oliver Schwabe
Bielefeld(WB). Peter Altmaier (60) fordert langfristig eine Höchstgrenze von 40 Prozent für die Beiträge zu den Sozialversicherungen. Darauf solle sich die Politik verpflichten, erklärte der Bundeswirtschaftsminister gestern vor 1500 Unternehmern in der Bielefelder Stadthalle.
Eine solche Festlegung bedeute, dass bei Renten- Kranken- und Arbeitslosenversicherung nicht heute Versprechungen für einen Zeitraum gemacht werden dürften, von dem keiner wissen könne, welche wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dann herrschten.
Die Festlegung der Obergrenze solle Teil einer »Charta der Marktwirtschaft« sein, an der Altmaier nach eigenen Angaben arbeitet. Fast 70 Jahre nach der Berufung Ludwigs Erhards zum Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland sei es an der Zeit, seine Ideen wiederzubeleben. Unternehmer bräuchten Freiheit und das Gefühl, dass sich Engagement und Risiko lohnten. Damit sie investieren, müsse auch die Steuerquote berechenbar bleiben.
Das gelte im Übrigen auch für die Energiepreise. Altmaier, der 2012/13 bereits einmal Umweltminister gewesen ist, bezeichnete den Ausstieg aus der Atomkraft und Umstieg auf erneuerbare Energien als Erfolg. Die Zeit sei jedoch gekommen, sich wie geplant von Subventionen zu verabschieden und den weiteren Erfolg dem freien Markt zu überlassen.
Viel Beifall von den Unternehmern erhielt Altmaier für seine Vorschläge, die Bürokratie zu vereinfachen. Konkret sollten die Durchführungs- und Kontrollvorschriften für den Mindestlohn entschlackt und die Aufbewahrungspflicht für Steuerunterlagen verkürzt werden. Auch eine Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung würde nach Ansicht des saarländischen CDU-Politikers zu weniger Bürokratie führen, wenn Dokumente elektronisch eingereicht und Formulare nicht mehrfach ausgefüllt werden müssten.
Als Gefahr für den Standort Deutschland wertete der Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass wichtige technologische Entwicklungen nur im Ausland aufgegriffen würden. So dürfe man etwa bei der Produktion von Strom speichernden Batterien und bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz das Feld nicht allein den USA und China überlassen.
Altmaier, der während seiner Rede viel Lob an die OWL-Familienunternehmen und führende Politiker aus der Region – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus, Europapolitiker Elmar Brok – verteilte, warnte vor einer zu harten Linie gegenüber Großbritannien und den USA. Der Brexit nutze niemandem. Aber es gelte, den Schaden für die deutsche Exportwirtschaft nicht zu groß werden zu lassen. Dies gelte ebenso für den Handelstreit mit den USA. Das transatlantische Bündnis sei zu wichtig, als dass man es wegen Präsident Donald Trump aufkündigen dürfe.
Dieser Punkt stieß bei Reinhard Zinkann, Präsident des mitveranstaltenden Industrie- und Handelsclubs OWL, im Schlusswort auf besondere Zustimmung. Eingangs hatte IHK-Präsident Wolf Meier-Scheuven die Stimmung in der heimischen Wirtschaft so beschrieben: »Die Konjunktur brummt, aber die Skepsis steigt.« Die Regierung müsse endlich das Heft in die Hand nehmen und über wichtigen Themen Entscheidungen treffen, forderte er.
Alle drei Redner, Altmaier, Meier-Scheuven und Zinkann, warnten unter großem Beifall vor politischen Kräften in Deutschland, die auf die Spaltung der Gesellschaft und Fremdenhass setzten.