Suche nach Fachkräften immer schwieriger
Der Fachkräftemangel ist „das“ Thema der Wirtschaft. Demografisch bedingt lässt er sich auch nicht so bald lösen. Dennoch gibt es Ansätze, das Ausmaß des Mangels abzuschwächen. Was Unternehmen tun können, um im „War for Talents“ zu bestehen, erläuterte Petra Pigerl-Radtke. Die Hauptgeschäftsführerin der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, die seit gut einem Jahr im Amt ist, war zum ersten Mal Gast beim Industrie- und Handelsclub OWL. Die Mitglieder konnten wahlweise live im Dr. Wolff Institut oder per Bildschirm den Ausführungen folgen.
„Der „Fachkräfte-Kuchen“ wird kleiner“, stellte Pigerl-Radtke gleich zu Beginn fest. Die Herbstkonjunkturumfrage der IHK Ostwestfalen hat ergeben, dass der Fachkräftemangel für 62 Prozent der Unternehmen neben den aktuellen Rohstoffpreisen das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung darstellt. Laut IHK-Fachkräftemonitor werden allein in Ostwestfalen bis 2030 81‘000 Fachkräfte fehlen, bis 2035 sogar 126‘000. „Schon jetzt“, so Pigerl-Radtke, „rechneten in NRW vier von zehn Unternehmen mit Umsatzeinbußen und Ablehnung von Aufträgen aufgrund des Fachkräftemangels“.
„Um künftig Mitarbeitende zu finden, müssen alle Potenziale genutzt werden“, betonte die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Eine Möglichkeit bestände darin, Menschen zu qualifizieren. So könnten auch Jugendliche ohne Schulabschluss eine Ausbildung machen. In OWL sind das immerhin 4,9 Prozent aller Schulabgänger. Auch für noch nicht ausbildungsreife Jugendliche existieren verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten.
Weiteres Fachkräftepotential bietet die Rekrutierung ausländischer Mitarbeitender. Und auch gute Rahmenbedingungen für berufstätige Eltern können helfen, Ressourcen zu heben. Der Königsweg der Fachkräftegewinnung sei aber immer noch die Ausbildung im eigenen Unternehmen.
Auch die Firmen selbst können einiges tun, um für Mitarbeitende attraktiv zu sein. „Eine einfache Stellenanzeige reicht heute nicht mehr“, erklärte Pigerl-Radtke. Vielmehr sei eine Karriere-Website gefragt, um mögliche Interessenten dauerhaft anzusprechen. „Jüngere Arbeitskräfte mögen dabei gern eine humorige Art oder auch mal Wissensspiele“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Um es den Bewerbern so einfach wie möglich zu machen, könne man ihnen zum Beispiel die Bewerbung per App ermöglichen. E-Roller oder Smartphones als Zugaben zum Ausbildungsvertrag oder die Ermöglichung von Homeoffice seien heute durchaus üblich: „Wir haben einen Arbeitnehmermarkt“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin.
Auszubildende wollen sich heute für ein Unternehmen begeistern können und fragen nach dessen Sinnhaftigkeit, berichtete Pigerl-Radtke. „Wir müssen ihnen aufzeigen, dass der Start in das Berufsleben über die Ausbildung ein wertiger Weg ist, auf den sie stolz sein können“. Doch selbst nach der Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag könne ein Bewerber noch abspringen. „Halten Sie permanent Kontakt“, so der Rat der Fachfrau.
Auch um vorhandene Mitarbeitende müsse man sich wieder mehr kümmern, so Pigerl-Radtke. „Die Zeiten, in denen ein Über-50-Jähriger ein Unternehmen nicht mehr verlässt, sind vorbei“. Auch diesen Kräften sollte man darum Entwicklungsmöglichkeiten anbieten.
Text: Annette Meyer zu Bargholz