Manifest des Machens
Digitalunternehmerin, Gründerin, Aktivistin für Digitale Bildung und Gleichberechtigung, Investorin, Aufsichtsrätin, vierfache Mutter, IHC-Präsidiumsmitglied, und jetzt auch noch Buchautorin: Verena Pausder, in Berlin lebende Bielefelderin, stellte in einer digitalen Diskussionsveranstaltung des Industrie- und Handelsclubs OWL, IHC, ihr jüngstes Projekt vor. “Das Neue Land – Wie es jetzt weiter geht“, heißt das Buch, um das es im Gespräch mit Moderator und IHC-Präsidiumsmitglied Dr. Harald Schlüter ging. Geschrieben im ersten Lockdown im Frühjahr, stellt es alte Gewissheiten und Routinen auf den Prüfstand und schlägt Alternativen vor. Ganz oben auf der To-Do-Liste stehen Digitalisierung, Klimaschutz und Gleichberechtigung.
Die Umsetzung einer Forderung, die Verena Pausder im Buch formuliert, rückt bereits jetzt in greifbare Nähe: die Einführung einer Familienauszeit für Vorstände börsennotierter Unternehmen bei Schwangerschaft und Krankheit. Die Justizministerkonferenz der Länder beschäftigt sich ganz aktuell mit einem entsprechenden Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen Hamburg, Sachsen und dem Saarland. Die Länder wollen per Gesetz auch auf der Führungsebene von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. „Das geltende Recht lässt es heute nicht einmal zu, dass Frauen als Vorstand einer Aktiengesellschaft schwanger werden, ohne Haftungsrisiken gegenüber Gläubigern oder Anteilseignern einzugehen“, erklärte Verena Pausder. „Das ist ein Hinderungsgrund, dass Frauen Führungspositionen besetzen.“ Mit ihrer Initiative „Stayonboard“ hatte Pausder eine breite Debatte entfacht, mit dem Ergebnis, nun noch in dieser Legislaturperiode eine Änderung der Rechtslage erwirken zu können.
Ebenso engagiert plädiert Pausder für die Einführung einer Innovationsabgabe: „Warum werden wir als Bürgerinnen und Bürger immer nur an Verlusten beteiligt – Stichwort ‚Lufthansa‘ – und warum nicht an Chancen?“, fragt die Autorin. Anders als bei einer Vermögenssteuer, würde sie das Geld lieber in staatliche zertifizierte Investmentfonds investieren und dann, bei Erfolg, eine Rendite erhalten. „Damit könnten wir für Startups mehr Kapital generieren.“
Eine weitere Forderung betrifft die Beteiligung der Jugend an politischen Weichenstellungen. „Wir leben in einem sehr alten Land“, konstatiert Pausder. Ein durchschnittliches Vorstandsmitglied sei 53 Jahre alt, ein durchschnittliches CDU-Mitglied sogar 59. Von 380 Talkshowgästen im ersten Lockdown waren gerade einmal 23 unter 40 Jahre alt. „Das ist nicht zukunftsgerecht“, findet die Unternehmerin und setzt sich für ein Wahlrecht ab 16 ein: „Diejenigen, über deren Zukunft wir reden, sollen auch mitbestimmen. So bilden sie sich früher eine Meinung und lernen, wie Demokratie funktioniert.“
Sei es die Gründung von nachhaltigen GmbHs, sogenannten „nGmbHs“, die ihren CO2 -Ausstoß ausweisen, die Mitarbeiter am Unternehmen beteiligen und ein festes Spendenvolumen verankern. Seien es Unternehmens-Praktika für Politiker oder wöchentliche Zukunftsstunden, in denen sich Familien gemeinsam und spielerisch mit Softwareanwendungen beschäftigen – die Ideen, die Verena Pausder in ihrem Buch, das gerade zum Unternehmerbuch des Jahres 2020 vom Handelsblatt gekürt wurde, präsentiert sind so zahlreich wie konkret. „Liegt damit nicht ein Einstieg in die Politik nahe?“, wollte Moderator Harald Schlüter wissen. „Ich bin ein politischer Mensch und an guter Führung des Landes interessiert – durch Politik, die die Menschen mitnimmt“, lautete Pausders Antwort. Ein „Ja“ oder „Nein“ war der Autorin nicht zu entlocken. In der Familie würde ein solches Engagement allerdings liegen: Verena Pausder, die aus der alteingesessenen Bielefelder Kaufmannsfamilie Delius stammt, ist die Nichte von SPD-Politiker und Ex-Bundespräsident Johannes Rau und Urenkelin des ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann.
Verena Pausder: Das neue Land – wie es jetzt weitergeht, Murmann-Verlag, 200 Seiten, 20 Euro. (www.genialokal.de)
Internetseiten, die über die Projekte von Verena Pausder informieren:
www.verenapausder.de
www.homeschooling-corona.com
www.stayonboard.org
www.startupteens.de
www.digitalebildungfueralle.org