Gastredner Stephan Freiherr Spies von Büllesheim mit IHC Beiratsvorsitzenden und Moderator des Abends Dr. Reinhard Ch. Zinkann
Kreuzritter, Helfer und kleinster Staat der Welt: Bis heute kämpfen die Malteser gegen das Elend in der Welt und profitieren dabei von ihrem souveränen Status, wie Stephan Freiherr Spies von Büllesheim auf Einladung des Industrie- und Handelsclubs OWL erläuterte.
„Wir sind ein merkwürdiges Relikt, aber mit modernen Aufgaben und Lösungen“, stellte Stephan Freiherr Spies von Büllesheim als Gastredner des Industrie- und Handelsclubs OWL fest. „Als Malteser sind wir Ritterorden, kirchlicher Orden und politisch völkerrechtlich souverän. Das hilft uns bei vielen Aufgaben unter anderem bei der Flüchtlingshilfe,“ erklärte der Rechtsanwalt, der seit 2014 Kanzler des deutschen Ordensteils der Malteser ist. Das erste Mal seit Beginn der Corona-Pandemie fand eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des IHC – zumindest teilweise – wieder live statt. Gastgeber und Präsidiumsmitglied Michael W. Böllhoff hatte unter Wahrung der geltenden Hygiene- und Abstandsregeln an den Brackweder Firmensitz eingeladen.
In Deutschland kennt man vor allem das wichtigste Ordenswerk, den Malteser-Hilfsdienst, als eine der großen nationalen Hilfsorganisationen. Er betreibt Krankenhäuser, Altenheime, Rettungsstationen und Hospiz-, Fahr- und Betreuungsdienste, ist bei der Erste-Hilfe-Ausbildung aktiv und bei Katastrophen im Einsatz. Mit 35 000 hauptamtlichen und 70 000 ehrenamtlichen Mitarbeitern sind die Malteser einer der großen Arbeitgeber im Sozial- und Gesundheitswesen.
Im Ausland engagiert sich der katholische Orden vor allem in der Flüchtlingshilfe. Nützlich ist ihm dabei seine staatliche Souveränität. Durch die im Mittelalter erlange Unabhängigkeit hat der „Staat ohne Land und Volk“, so Spies von Büllesheim, heute einen Sitz bei der UN, pflegt diplomatische Kontakte zu 110 Staaten und besitzt eigene Pässe, Briefmarken und Münzen. „Wir können auch dorthin, wo zum Beispiel das Rote Kreuz aus politischen Gründen nicht akzeptiert wird.“ So wurden im libanesischen Bürgerkrieg die Malteser von allen Parteien als neutrale Macht angesehen und konnten vor Ort medizinische Hilfe leisten. Heute dienen die exterritorialen Gebiete des Malteserordens in Rom den streitenden Parteien im libyschen Bürgerkrieg als neutraler Verhandlungsort.
Die Gründung des Ordens geht auf das Jahr 1048 zurück, als Kaufleute aus Italien in Jerusalem ein Krankenhaus für Wallfahrer errichteten, in dem alle Pilger, egal welcher Religion und Nationalität, behandelt wurden. Nach dem ersten Kreuzzug 1099 schlossen sich Ritter aus Europa der Bruderschaft an, deren guter Ruf sich schnell verbreitete. Nach 40 Jahren wurde die Hospitalorganisation, damals noch mit dem Namen „Ritter des Ordens vom Hl. Johannes“ vom Papst und einigen Königen als souverän anerkannt. Mit der Gründung des Königreiches von Jerusalem fiel dem Orden die Aufgabe des militärischen Schutzes der Kranken und Pilger sowie der eigenen medizinischen Versorgungszentren und wichtigsten Verkehrsverbindungen zu. Neben dem Hospitaldienst übernahm der Orden die Aufgabe der Verteidigung des Glaubens. Das achtspitzige weiße Kreuz, das bis auf den heutigen Tag sein Emblem ist, stammt aus dieser Zeit.
1522 wurde der Orden durch Sultan Suleiman dem Prächtigen von Rhodos vertrieben. Danach wurde Malta das neue Domizil. Auf der Insel, die Namensgeberin des Ordens wurde, entstand ein großes Hospital mit angeschlossener medizinischer Fakultät, das seinerzeit als eines der am besten organisierten und effizientesten der Welt galt. „Schon damals wendeten Malteser die uns heute so geläufige Quarantäne an“, berichtete Spies von Büllesheim. Neu auf der Insel angekommene Kranke wurden für 40 Tage in einem Nebengebäude des Hospitals isoliert, um zu überprüfen, ob bei ihnen ansteckende Krankheiten ausbrechen.
1798 konnte Napoleon die Insel kampflos für die Franzosen einnehmen. Die Ritter, durch die Ordensregel gebunden, die es ihnen untersagt, gegen Christen die Waffen zu erheben, mussten die Insel verlassen. Nach einigen Zwischenstationen findet der Orden 1834 in Rom sein Domizil. in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten sich die Malteser wieder ihren eigentlichen Aufgaben, dem Hospitaldienst, widmen.
Weltweit hat der Orden heute 13.000 Mitglieder, etwa 650 stammen aus Deutschland, sowohl Männer wie Frauen. Das höchste Amt des Großmeisters darf allerdings nur von einem Mann unter Ablegung eines Armuts- und Keuschheitsgelübdes ausgeübt werden. Haupteinnahmequelle hierzulande ist der 1953 gegründete katholische Hilfsdienst, der durch Krankenkassen, den Staat sowie Förderer finanziert wird. Er allein erwirtschaftet 900 Millionen des 1.5 Milliarden Euro Jahresumsatzes, erklärt Spies von Büllesheim. Mit den Einnahmen werden Projekte in Ländern, in denen es keine staatliche Unterstützung für Hilfsprojekte gibt, finanziert. „So unterschiedlich die Projekte auch sind, haben sie doch alle das gemeinsame Ziel: dem Armen und Kranken zu dienen und den Glauben zu vertiefen und weiterzugeben“, so Spies von Büllesheim abschließend.