Bielefeld(WB). Die Grünen werden auch für Unternehmer immer interessanter. Der erste Auftritt eines Grünen-Politikers in der 38-jährigen Geschichte des OWL-Unternehmertages löste mit 1900 Anmeldungen einen Rekord aus. Doch bis zum ersten Applaus für Robert Habeck (50) verging eine geraume Weile.
Ob es an grundsätzlichen Vorbehalten gegenüber der Grünen-Politik lag oder daran, dass Habeck sich zunächst eher zu grundsätzlichen Fragen der Weltwirtschaft und der Herausforderungen für die Demokratie und die europäische Werteordnung äußerte, ist nicht klar.
Den ersten Applaus gab es jedenfalls erst etwa zur Hälfte der Redezeit. Da ging Habeck eher zur Tagespolitik über und forderte angesichts des demografischen Wandels und des sich verstärkenden Arbeitskräftemangels eine andere Einwanderungspolitik und vor allem ein Bleiberecht für jene, die integrationswillig sind und dies auch durch ihre Mitarbeit in Unternehmen zeigten.
Beim Thema Klimaschutz zitierte Habeck sogar den Vater des Nachkriegs-Wirtschaftswunders, Ludwig Erhard. Allerdings forderte er eine neue Definition von »Wohlstand für alle«. Verzicht könne an der einen oder anderen Stelle ein Mehr an Lebensqualität bedeuten. An den von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen zum Klimaschutz kritisierte er, dass sie erneut erst in der Zukunft wirksam würden. »Es ist wichtig, dass wir jetzt beginnen«, erklärte er – und bekam auch dafür Beifall.
Wirtschaft und Politik kritisierte Habeck, da sie beide im europäischen Vergleich zu wenig in die Zukunft investierten. Dies werde sich in der nächsten Krise rächen. Diese sieht der Grünen-Vorsitzende unweigerlich kommen. Sie könne das System in Frage stellen, falls der Staat »sklavisch« an der Schuldenbremse festhalte, die sich angesichts der Niedrigzinsen erst einmal überlebt habe. Als konkrete Maßnahme schlug Habeck verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Firmeninvestitionen in den Umweltschutz vor.
Eingangs hatte IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven als Sprecher der 13 Veranstalter Habeck gemahnt, die Wettbewerbsfähigkeit im Auge zu behalten: »Es bringt dem Klima nichts, wenn der Haupteffekt daraus besteht, für die Verlagerung von Produktion in andere Länder zu sorgen.« Miele-Geschäftsführer Reinhard Zinkann, der traditionell den Redner des Unternehmertages verabschiedet, kritisierte die Forderung Habecks, Unternehmen wie Facebook aus kartellrechtlichen Gründen zu entflechten: »Damit übernehmen wir uns.«