Rot-weißes Erfolgsmodell
Die roten Werkzeugkoffer mit dem weißen Hilti-Schriftzug hat wohl jeder schon einmal gesehen. Dass die Hilti Group mittlerweile ein ganz anderes Geschäftsmodell als nur den Verkauf von Bohrhämmern und Schleifmaschinen verfolgt, ist weniger bekannt. Dr. Christoph Loos, ehemaliger CEO und jetziger Präsident des Hilti-Verwaltungsrats, erläuterte
auf einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des Industrie- und Handelsclubs OWL, die langfristige Strategie des Liechtensteiner Unternehmens. Gastgeber und Moderator der gut besuchten Veranstaltung im Dr. Wolff Institut war IHC-Präsident Eduard R. Dörrenberg.
Hilti bietet Produkte, Systemlösungen, Software und Serviceleistungen für professionelle Kunden im Bau, dem Energiesektor und ausgewählten Industriesegmenten. Der Kern des Geschäftsmodells bestehe aus einer Symbiose aus Innovation und Direktvertrieb im B2B-Modell, erklärte Loos. Innovationen brauchen Direktvertrieb, und dieser sei auf Neues angewiesen, das den Kunden überzeugend demonstriert werde. Etwa sieben Prozent des Umsatzes von zuletzt 6,5 Mrd. Euro flössen darum in Forschung und Entwicklung und platzierten das Unternehmen immer wieder unter den Top-100-Patentanmeldern Europas. Zugleich gehöre es zu den Werten des Unternehmens, sich permanent zu hinterfragen und zu verbessern.
„Die Digitalisierung verändert unser Geschäftsmodell massiv“, erklärte Loos. „Einerseits wollen wir unser unternehmerisches Erbe pflegen und weiterhin von Montag bis Freitag auf der Baustelle beraten und Lösungen anbieten, anderseits sehen wir die Innovationen der Zukunft vor allem im digitalen Bereich“. „Die Baubranche steht vor enormen Herausforderungen“, so Loos. Veraltete Arbeitsmethoden, Fachkräftemangel und eine schlechte Öko- und Gesundheitsbilanz bewirkten einen enormen Transformationsdruck. „Wir wollen Produktivitätspartner sein, um unseren Kunden zu helfen, ihre Prozesse rund um das Bauen zu optimieren“, so Loos. Als Beispiel dafür nannte er das Werkzeugleasing, welches die Kunden stets mit der aktuellen Gerätetechnik ausrüste. Dazu zählten aber auch Software zum Baustellenmanagement, Betriebsmittelverwaltung oder Personaleinsatzplanung. Wurde die Software früher als Zugabe zum Hardwareprodukt geliefert, entwickele sie sich mittlerweile zum unabhängigen Produkt.
Der Wandel im Unternehmen hin zu neuen Geschäftsmodellen habe sich nicht von heute auf morgen vollzogen, berichtete Loos. „Es hilft uns hierbei ungemein, ein Familienunternehmen zu sein, das in längeren Zeiträumen denkt“. Um das 1941 gegründete Unternehmen für die zunehmende Digitalisierung fit zu machen, entschied die Konzernleitung bereits Anfang der 2000er Jahre, die eigenen Prozesse global zu vereinheitlichen und das Unternehmen mit einem einzigen SAP-System zu führen. Somit konnten die Länder miteinander kommunizieren, standortübergreifend liefern und vergleichbare Reports abliefern. „Das dazugehörige Investitionsprogramm hat fast das ganze Jahrzehnt gedauert und den Grundstein dafür gelegt, dass wir heute im Bereich Digitalisierung und Software handlungsfähig sind.“