Martin Krause
Bielefeld. Eduard R. Dörrenberg schwärmte von einem „Präsidentengipfel“: Der Präsident des Industrie- und Handelsclubs (IHC) OWL, der mit 900 Mitgliedern als größter Club seiner Art in der Region gilt, konnte beim IHC-Empfang in der Bielefelder Oetker-Halle Jörn Wahl-Schwentker begrüßen, den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen, sowie mit Ortwin Goldbeck und Reinhard Zinkann zwei ehemalige Präsidenten von Club und Kammer.
Wahl-Schwentker nutzte das Treffen prominenter Wirtschaftskapitäne aus der Region, um für Bürokratieabbau zu werben und mehr Tempo bei der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland. Zwar sei Ostwestfalens Wirtschaft bislang mit Rekordumsätzen, hoher Auslastung und Rekordbeschäftigung ganz gut durch die jüngsten Krisen gekommen, und auch jetzt seien viele Auftragsbücher noch gut gefüllt. Für die weitere Zukunft aber sähen die Unternehmer derzeit viele Risiken. Die inflationsbedingt getrübte Inlandsnachfrage bereite vielen derzeit die größten Sorgen. Es gebe fortdauernde Lieferengpässe, und der Preisvorteil durch billiges Gas aus Russland sei für die deutsche Wirtschaft auf lange Sicht verloren, „Zugleich fehlt Personal an allen Ecken und Enden“, beklagte Wahl-Schwentker.
Der IHK-Präsident stellte zehn Forderungen auf: So könnten viele Auflagen und Vorschriften, die in den Firmen für unnötige bürokratische Belastung sorgten, beherzt gestrichen werden. Langwierige Genehmigungsverfahren könnten etwa in Routinefällen ersetzt werden durch ein schlichtes Anzeigeverfahren, appellierte er.
Der Bau von Standardanlagen wie Windrädern oder Mobilfunkmasten könnte durch Standardverfahren wie der Betriebserlaubnis für Fahrzeuge verallgemeinert werden, sodass Einzelgenehmigungen entfallen können, findet Wahl-Schwentker. Und einmal erteilte Genehmigungen könnten weitergelten, wenn ein Ersatz nötig werde.
Wahl-Schwentker wandte sich gegen zeitraubende starre Vorgaben. Der Erfolg des Corona-Impfstoffherstellers Biontech habe gezeigt, das die Wirtschaft schnell reagieren könne, wenn entsprechende politische Offenheit vorhanden sei. Und auch bei der Fachkräftesicherung könnten erleichterte Verfahren für die Einwanderung ausländischer Fachkräfte („als Teil einer Willkommenskultur“) mehr Geschwindigkeit bringen.
Allen Klagen zum Trotz blieb der Ton optimistisch: Deutschland müsse jetzt halt seine Hausaufgaben machen. Den Grundtenor hatte Eduard R. Dörrenberg bereits in seiner Begrüßung geliefert: So habe Deutschland im Winter weniger Gas verbraucht als befürchtet. Das Land habe gezeigt: „Wir können Krise.“
Auf der IHC-Mitgliederversammlung war zuvor Eduard R. Dörrenberg, der geschäftsführende Gesellschafter der Bielefelder Dr.-Wolff-Gruppe, für zwei Jahre als Präsident wiedergewählt worden. Als weitere Präsidiumsmitglieder bestätigt wurden Vizepräsident Christoph Mohn (Gütersloh), Laura von Schubert (Bielefeld), Verena Pausder (Berlin), Hans Beckhoff (Verl), Philip Harting (Espelkamp) und Harald Schlüter (Bielefeld), der weiter für Finanzen zuständig ist. Michael Böllhoff konnte nach achtjähriger Amtszeit nicht wiedergewählt werden.